Dijangala – Filmrezension

tereotype zur Aufklärung?

Cover des afrika!-Magazins über die afrikanische Filmindustrie.
“Dijangala” ist eine typische Kannywood-Produktion, vollgepackt mit Stereotypen der Hausa-Gesellschaft und trotzdem Hoffnungsgeber für Änderung. Eine Rezension.

Der Spielfilm „Dijangala“ (2008) von Ahmed S. Nuhu ist eine typische Kannywood-Produktion, die weniger durch die einfachen Aufnahmen sondern vielmehr durch das geschickte Spiel mit Stereotypen besticht. 2008 wurde er beim Zuma Film Festival nicht umsonst zum Best Hausa Film gekürt:

Seit dem Unfalltod ihrer Eltern wachsen Ali (Ali Nuhu) und seine jüngere Schwester Dije (Maryam Booth) bei ihrem Onkel Malam Halilu (Bashir Nayaya) auf. Dieser wohnt mit seiner Frau Goggo im ruralen Umland Kanos. Halilu sah in der Aufnahme der Kinder seines toten Bruders eine Pflicht und lässt dies das Geschwisterpaar von Anfang an spüren. Ali und Dije müssen für Unterkunft und Verpflegung hart arbeiten, entwickeln dadurch aber ein sehr enges Geschwisterverhältnis. Als Ali alt genug ist, verlässt er das Dorf, um in der Stadt eine bessere Zukunft zu finden. Er verspricht seiner jüngeren Schwester, zurückzukommen um sie nachzuholen. Doch als er nach einigen Monaten zurückkehrt, ist seine jüngere Schwester verschwunden.

Was ist in der Zwischenzeit passiert? Kaum war der beschützende ältere Bruder Dijes in der Stadt, setzt sich der Malam konsequent durch, verbietet zunächst Dijes Liebe zum armen Nachbarsjungen Sani (Lawan Ahmad). Schließlich würde die schöne Dije nicht umsonst im ganzen Dorf liebevoll Dijangala, also „der Stolz des Landherren“ oder auch „keine Braut für einen Armen“ genannt. Also geht auch Sani in die Stadt, um wohlhabend wiederzukommen und den Malam von sich zu überzeugen. Doch dieser schickt seine Nichte in der Zwischenzeit zu Hafizu (Adam A. Zango), dem Sohn eines reichen Landherrn. Er war wenige Tage zuvor aus der Stadt zurückgekehrt und fand Gefallen an der schönen Dije. Halilu bestand darauf, gegen den Willen seiner Nichte und seiner Frau, die immer Liebe und Verständnis für die Geschwister zeigt, gegenüber dem Malam jedoch nichts zu sagen hat, das Arbeitsangebot für Dije im Haus Hafizus anzunehmen. Doch bereits am ersten Arbeitstag als Haushaltshilfe vergewaltigt Hafizu das junge Mädchen und schickt sie fort.

Der Malam sieht zwar noch immer keinen Fehler darin, seine Nichte zu einem erwachsenen Mann zum Arbeiten geschickt zu haben, stellt Hafizu aber wenigstens zur Rede. Der junge Mann ist der erste, der dem Malam widerspricht und ihm ohne jeglichen Respekt gegenüber tritt. Er hat Geld und meint damit alles besitzen zu können, was er begehrt oder sich aus der Verantwortung kaufen zu können. Er sieht Dije nicht als Mädchen oder Frau, sondern als schönes Objekt, das er nach seiner Befriedigung wieder loswerden will. „Ich werde dir mehr Geld geben, wenn das nicht genug für dich ist.“

Daraufhin schlägt der Malam Dije eine Abtreibung vor. Doch das Mädchen will ihr Kind nicht abtreiben und flieht in die Stadt. Zu ihrem Glück findet sie ein junger Mann namens Rabiu am Straßenrand, wo sie zusammengebrochen war und bringt sie ins Krankenhaus. Dije erleidet dort eine Fehlgeburt. Trotzdem möchte sie nicht ins Dorf ihres Onkels zurückkehren und wird von der Familie Rabius als Tochter aufgenommen.

Der Film kommt zu seinem Höhepunkt, als Hazifu Dije in der Stadt trifft, sie nicht als das Mädchen, das er vor Monaten vergewaltigt hat, wiedererkennt, da sie von ihrer neuen Familie den neuen Namen Khadija bekam, und ihr seine Liebe erklärt. Dije entscheidet mitzuspielen, um sich dann an Hazifu zu rächen. Sie überredet ihn, mit ihr zu seinen Eltern aufs Dorf zu fahren. Ihr Bruder und ihr Geliebter Sani sind längst wieder dort und verbrachten die vergangenen Monate in tiefer Sorge um Dije. Als sie das Auto von Hafizu ins Dorf fahren sehen, laufen sie ihm bis zum Elternhaus nach. Erst hier gibt sich Dije zu erkennen und überlässt den Täter Ali und Sani, die Hazifu eine Lektion erteilen.

Die selbst produzierten Kannywood-Filme auf Hausa sind meist Ausdruck der Gesellschaftskritik, die sie in Rollenbildern darstellen und mit eingebauten Liedern untermauern. Das Film-Lied „Dijangala“ wurde 2008 zu einem der bekanntesten Lieder Nigerias. Vor allem Mädchen und Frauen singen das Lied noch heute: Alle Frauen im Film werden als von den Männern abhängig dargestellt. Ausschließlich die Männer haben Besitz. Bereits der Name des Films „Dijangala”, also „der Stolz des Landherren“ oder auch „keine Braut für einen Armen“ lässt vermuten, dass die Frau als schönes Objekt interpretiert wird und die Liebe in der traditionellen Hausa-Gesellschaft Sache des Geldes und nicht des Gefühls ist. Das Darstellen der Frau als schwachen Charakter wird durch entsprechende Nahaufnahmen der hoffnungslosen Augen Dijes und durch verzweifelte Hintergrundmusik unterstrichen. Doch trotz der hilflosen Lage Dijes wird der Film zum Hoffnungsgeber für Mädchen und Frauen in Nigeria: Es ist weit verbreitet in der Hausa-Gesellschaft, dass eine Vergewaltigung das Ende des sozialen Lebens für ein Mädchen bedeutet. Schließlich kann sie nicht mehr als Jungfrau in die Ehe treten und ist befleckt. Dije hingegen wird trotz der unehelichen Schwangerschaft von ihrer neuen Familie in der Stadt aufgenommen und wird mit offenen Armen von ihrem Bruder und ihrem Geliebten Sani wieder im Dorf empfangen.

Neben der Rollendebatte bringt der Regisseur auch kulturelle Themen zur Sprache. So soll der Film „Dijangala“ Beweis dafür sein, dass reife Männer nicht mit jungen Mädchen alleine im Haus gelassen werden sollen. So sagt die Tante Goggo bereits am Anfang: „Wie kannst du einem jungen Mädchen erlauben mit einem Mann diesen Alters alleine zu sein?“

Der Zuschauer schwankt während des Films zwischen Ungläubigkeit und Abscheu vor Halilu und Hafizu. Trotz Happy End bleibt ein negativer Beigeschmack, da der Film durch die Stereotypisierung der Hausa-Gesellschaft zwar einerseits aufklärt, andererseits aber auch ein sehr festgefahrenes Rollenbild zeigt, das wohl nur schwer durch qualitativ eher minderwertige Filmproduktionen durchbrochen werden kann.

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